Alte Gewerbeschule Grünhainichen

Zur Historie der Alten Gewerbeschule

Die Gemeinde Grünhainichen mit allen Ortsteilen ist in vielfacher Hinsicht von und in der Montanregion Erzgebirge geprägt. Beispielsweise steht die in der Hüttenknappschaft „Blaufarbenwerk Zschopenthal“ Waldkirchen zum Ausdruck kommende Traditionspflege im unmittelbaren Kontext zur Montanregion. Das in allen Ortsteilen gepflegte Brauchtum, Schnitzhandwerk, Drechseln oder auf die Fertigung von Holzspielzeug sind weitere Beispiele.

 

Die im Ortsteil Grünhainichen gelegene “Alte Gewerbeschule” verdient im Kontext zur Montanregion Erzgebirge besonderes Augenmerk. Bereits 1874 wurde in Grünhainichen gewerblicher Schulunterricht erteilt. Mit der am 31.03.1879 vollzogenen Einweihung des seinerzeit neuen Fachschulgebäudes und dem sich anschließenden Hinzutreten eines Werkstattgebäudes wurde indessen ein entscheidender Schritt zur Schaffung deutlich besserer Lehrbedingungen getan.

 

Dem heute zur Sanierung und Nutzungsänderung stehenden Gebäude kommt eine außerordentlich große Bedeutung sowohl in historischer Sicht als auch im Rahmen der Entwicklung der Erzgebirgischen Volkskunst zu. Das Gebäudeensemble kündet von einer Zeit des Aufschwungs in der Holzwarenherstellung. In Seiffen wurde 1853 eine staatliche Spielwarenfachschule gegründet. Grünhainichen hat eine eigene und mit Seiffen verbundene Geschichte als Dorf der Holzwarenherstellung und nicht zuletzt als Verlegerdorf. So kam es im Jahre 1897 zur Einweihung der damaligen staatlichen Spielwarenfach- und Gewerbeschule.

 

Freihandzeichnen, Ornamentik, Modellieren, architektonische Übungen auf dem Blatt und in Holz, Farb- und Harmonielehre, Schrift und natürlich vor allem die Vermittlung grundlegender Kenntnisse der Holzbearbeitung, ob von Hand oder mit der Maschine, all das und noch vieles mehr, wurde im Ausbildungsprogramm vermittelt. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass neben der beruflichen Ausbildung auch Kinder im Alter ab zehn Jahren aus Grünhainichen und den umliegenden Ortschaften eine kreative Ausbildung in dieser Fachschule genießen konnten.

 

Im Jahre 1884 erhielt die Gewerbeschule mit dem in Freienwalde in Pommern geborenen Albert Wendt erstmals einen Direktor. Als Sohn eines Drechslermeisters kannte er den Umgang mit dem Holz von Grund auf. Durch den Besuch der Gewerbe- und der Kunstakademie in Berlin verfügte er über ein breites Rüstzeug für die Leitertätigkeit an einer Gewerbeschule. Bei seinem Antritt war die Aufgabe der staatlichen Bildungseinrichtung wie folgt umrissen: „Die Spiel-und Holzwarenindustrie soll gefördert werden durch den Unterricht im Zeichnen, Malen und Schnitzen und sonstwie.” Dieses „Sonstwie” bot dem neu Eingewiesenen ein weites freies Feld der Betätigung, das er in den mannigfaltig gearteten Werkstätten unseres Spielzeugbezirke fand. Albert Wendt diente dem Lehrkörper der Schule über eine Zeit von mehr als 40 Jahren. Ab Juni 1945 übernahm Friedrich Jehmlich die Leitung der Schule, bis dann, am 21.08.1954, das Ende kam. Mit der Schließung der Gewerbeschule ging für Jahrzehnte ein wichtiges Stück Grünhainichener Bildungstradition zu Ende.

Nunmehr ist die Gemeinde Grünhainichen mit der Reaktivierung der Alten Gewerbeschule unter Aspekten der Denkmalpflege und der kulturellen Bildung befasst. Im Ergebnis soll das Ensemble unter Wahrung der denkmalpflegerischen Belange aufwändig restauriert und wieder im Betrieb genommen werden. Nähere Einzelheiten werden zum gegebenen Zeitpunkt veröffentlicht werden.

Stand: Februar 2017.

gez.

Prof. Dr. Schneider

Bürgermeister